Vorträge zu brandaktuellen Themen
Festrede - Franz Schuh
Der renommierte österreichische Schriftsteller und Essayist, Philosoph und Literaturkritiker übernimmt die Festrede an der Schnittstelle zwischen Vorkongress und Hauptkongress.
Was wird werden? Über Hoffnung und Furcht
Es sind zwei Intentionen, mit denen Menschen sich auf die Zukunft beziehen: die Sorge und die Zuversicht. Zukunftsforscher sagen gerne, dass sie in ihrer lichtvollen Wissenschaft behindert werden, weil die erfolgreichsten Diskurse in der Öffentlichkeit entweder alles, was da kommen wird, schönreden oder weil sie umgekehrt den Untergang prophezeien. Aus der Vergangenheit lässt sich allerdings beides als Möglichkeit erkennen – es hat „die schöne Zukunft“ gegeben, aber es gab auch die „Apokalypseblindheit“, wie Günther Anders die Unfähigkeit nannte, den sicheren Untergang eingebürgerter Lebensformen vorherzusehen. Eine psychologische Lebensberatung wäre schlecht beraten, würde sie die Menschen auf Optimismus oder Pessimismus einstimmen. Es ist leicht gesagt, aber aus dieser Dichotomie hilft nur der oft beschworene, von den Bedrückungen der Sorge und den Illusionen der Zuversicht eingeschränkte „Realismus“, der auch die Möglichkeit furchtlos anerkennt, dass man sich über alles, was da kommen wird, irren kann.
Vortrag 1 - Luise Reddemann
Mitgefühl und Würdeorientierung - ein hoffnungsvoller Weg
Mit diesen Querverbindungen zwischen wichtigen sozialen Werten und Erkenntnissen der modernen Psychotherapieforschung eröffnet die bekannte Universitätsprofessorin, Neurologin und Psychoanalytikerin den inhaltlichen Diskurs im Rahmen des Vorkongresses. Fabrizio Benedetti konnte als Hirnforscher zeigen, dass es Mitgefühl ist, das Hoffnung Patient*innen keimen lässt. Und dass Klient*innen in ihrer Würde geachtet werden möchten, insbesondere in Bezug auf ihre Wünsche nach Autonomie. Bereits Carl Rogers wusste um die Werte dieser sogenannten „common factors“ und um deren Beitrag zur Genesung von Klient*innen.
Diskussion nach dem Vortrag
Moderiert von Harald Doppelhofer
- Psychotherapeut (PP) und Supervisor in freier Praxis; Interessenschwerpunkte: neben der Arbeit mit einzelnen Personen mit unterschiedlichsten Problemen die Arbeit mit Gruppen und Paaren, die Beschäftigung mit Fragen zu Macht und Beziehungen, Körpereinbezug, Selbstwert.
Vortrag 2 - Bernhard Pesendorfer
Utopie und Hoffnung
Dazu drei Zitate, an die ich jeweils anschließen werde.
1. Zu Thomas Morus‘ „Utopia“ - „ein neues Weltverständnis…, in dem das vollkommene menschliche Leben nicht mehr in der christlichen Heilsordnung (Sündenfall und Erlösung), sondern innerweltlich gesucht wird“ (Nipperdey)
2. Zu Ernst Blochs „Das Prinzip Hoffnung“ - „Blochs humanistischer Atheismus transformiert die biblische Reich-Gottes-Erwartung zur Idee von der zukünftigen Gottwerdung des Menschen, der sich auf Erden das Land der Verheißung selbst schafft“ (Link/Bloch)
3. Resümee: Hoffnung möglich machen - aber wie? „Die Utopie ist die „unerläßliche Bedingung dafür, daß sie einmal aufhört, eine Utopie zu sein“ (Kolakowski). Sie bleibt, gerade als Vermittlerin zwischen Gegenwart und zukünftiger Wirklichkeit, eine dauernde Aufgabe der Menschheit (Polak)
- Bernhard Pesendorfer, Österreich:
Dr., geboren 1942, Studium der Philosophie an der Universität Wien. 1970 bis 2010 Vorlesungen an den Universitäten Wien, Klagenfurt, St. Gallen. Forschung, Schulung und Beratung für Institutionen und Unternehmungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich
Diskussion nach dem Vortrag
Moderiert von Katharina Fischer
- Dr.phil., Personzentrierte Psychotherapeutin, Erziehungswissenschaftlerin, Lehrende im Universitätsbereich, Berufserfahrung in psychosozialen Arbeitsfeldern.